Die Sache mit der Eingliederungsvereinbarung…

11 Nov

… nun sitze ich hier, seit 2 Wochen. Zusammen mit 13 anderen Leuten, zehn von ihnen Akademiker. Wir sind ein gemütlicher, harmonischer, witziger  Haufen und wir haben natürlich alle das gleiche Problem: Wir sind durch irgendwelche Umstände urplötzlich ALG2-Empfänger geworden.

Dies führte uns dann alle hierher: Kursnummer 495 , Seminar für Neukunden: „Wie bewerbe ich mich richtig?“

Wir lernen hier nichts, wir sind ja schließlich nicht doof. Was wir vielleicht von diesem Kurs mit nach Hause nehmen sind ein paar neue Bekannte,  einen Haufen unbrauchbarer Kopien und am meisten ganz viel Wut und Unverständnis.

Das kostet hier dem Steuerzahler eine Menge Geld! Wir sitzen also nur rum und machen Übungen, die ich in der 8. Klasse vor meinem ersten Praktikum auf der Schulbank schon erledigt habe. Wir erhalten Kopien, in denen dann noch mal (natürlich mit ganz vielen Rechtschreibfehlern) erklärt wird, wie ich mich nun eben richtig bewerben soll, wie ein Lebenslauf und ein Anschreiben auszusehen hat, oder man erhält einen Fragebogen über seine Selbsteinschätzung. Bitte kreuzen sie an. Unsere Zukunftsaussichten sind miserabel, so geht es in Gesprächen über potenzielle Arbeitgeber ständig nur um Zeitarbeitsfirmen oder Call-Center Agenturen. So schlecht wäre das doch alles nicht, wir hätten dann ja schließlich wieder Arbeit. Was wir wollen, danach fragt niemand mehr. Mittlerweile sitzen wir alle im Boot der Vierklassengesellschaft! (1. Wohlhabend; 2. Mittelstand; 3. ALG1-Empfänger; 4. ALG2-Empfänger; …) Das alles wird dann in dieser doch zum Glück geselligen Runde mit viel Ärger und Zorn besprochen. Wozu brauchen wir diesen Kurs? Sind wir alle nicht in der Lage dazu? Hey, zehn Leute hier haben Jahre lang studiert. Und  ich bin ja schließlich auch nicht auf den Kopf gefallen. Okay, vielleicht gibt es ja den einen oder anderen, der etwas Hilfe hier in Anspruch genommen hat, aber das was wir bis jetzt hier gelernt haben, hätte man uns an einem Tag vermitteln können. Unterschiede bei ALG2-Empfängern gibt es wohl nicht.  Wir müßen hier also 3 Wochen lang die Schulbank drücken, ob wir wollen oder nicht. Schließlich können wir uns ja auch während unser Anwesenheit hier bewerben. Das ist ein prima Angebot. Wirklich. Aber ich bewerbe mich lieber zu Hause, in meiner eigenen Wohnung, mit meinem eigenen Computer, Mit meinem eigenen Bewerbungspapier und natürlich mit günstigem Kaffee. Hier komme ich zu nichts. Ich kann mich hier nicht hinsetzen und irgendwas anpacken, das geht nicht. Wenn man hier nicht sitzen will, hat man auch keinen Antrieb! Die Zeit von 8- 15 Uhr ist einfach vergeudet!

Unsere Dozentin übt schon einmal den Vorruhestand, sie ist natürlich selbständig und lässt sich das hier alles gut bezahlen.  Während wir heute nun nach 3 Stunden sich im kreisdrehenden Diskussionen unsere letzten 4 Stunden am Laptop sitzen dürfen und jeder so im Internet surft, spielt oder auch gelangweilt aus dem Fenster schaut,  schlürft sie ihren Kaffee und checkt auch ihre privaten Mails. Ein lauer Job.

Und ich? Ja, ich sitze hier und schreibe diesen Blog. Als hätte ich nichts anderes zu tun. Ich müsste ja schließlich noch zehn Eigenbemühungen (Bewerbungen) verschicken. Wenn ich um 15:30 Uhr zu Hause ankomme, erledige ich erstmal andere Dinge. Zeit zum Bewerben gibts dann nur am Wochenende.

Und nur damit wir für diese abgesessene Zeit (der Arsch tut wirklich weh) aus der Arbeitslosenstatistik raus sind! Abhauen gilt nicht, es gibt sofort eine Saktion. Wir mussten ja schließlich alle diese Eingliederungsvereinbarung unterschreiben. Für diese ganzen Unkosten hätte man mir gut und gerne eine Fortbildung anbieten können. Schweinerei!
Nachtrag:

Und da wir Alle im gleichen Boot sitzen und soviel Spaß in den 3 Wochen hatten …hier noch ein schönes Bild von der Truppe 495.

Rum und Schokolade dürfen nicht fehlen - wir machen uns unsere eigene Party auf hoher See!



Eine Antwort to “Die Sache mit der Eingliederungsvereinbarung…”

  1. ganneff 12. November 2010 um 10:08 #

    Schönen Guten Morgen Katte,
    gibts die Kurse also immer noch?

    Du solltest Ihnen verzeihen; schliesslich wird das Bruttosozialprodukt auch durch solche Massnahmen erhöht. Dabei ist es (denen) egal wohin Geld fliesst – Hauptsache es fliesst. Ausserdem wirst Du -wenn die Massnahme ausläuft- wohl lange nicht mehr zu solchen Massnahmen geladen werden. Ich bekomme vom Kreisjobcenter inzwischen zwei mal im Jahr unbrauchbare Stellenangebote und das wars.

    Der Kurs, den ich damals besuchen musste hat im Prinzip schon gereicht um einen Überblick über die „Leistungen“ zu bekommen, die ich bisher erfahren habe.
    Die Zusammensetzung der Truppe war schon eine Kathastrophe: Vom Rechtsanwalt mit Berufserfahrung bis hin zu Mitbürgern aus anderen Sprachräumen, die z. T. nicht einmal verstanden, was da geboten und gefordert wurde.
    Genauso sah es übrigens bei den Dozenten aus!
    Eine Dame, die uns belehren durfte, machte das als Hinzuverdienst zu Hartz IV
    Der Kracher war allerdings, dass diese Frau uns mitteilte, dass sie von Ihrem Fallmanager dazu verdonnert worden war, Ihren eigenen Kurs zu besuchen!
    Sie konnte das dann mit Mühe klären!
    Ich hätte wahrscheinlich kein Wort gesagt, sondern mir einfach die Teilnahme auch selbst bestätigt, und gewartet, obs überhaupt jemand merkt.
    Wenn Du das ohne Schäden an deiner geistigen Gesundheit überstehen willst, empfehle ich eine gehörige Portion Galgenhumor.
    Meine Leidensgenossen und ich hatten auf dieser Grundlage eigentlich viel Spass an der Sache und auch die Dozenten waren nicht verbissen und gaben in den immer wiederkehrenden Diskussionen auch unumwunden zu, dass die ganze Geschichte für die Katz war.

    Aufmunternde Grüsse

    ganneff

    Übrigens: die Zeiten als man eine EGV unterschreiben musste sind lange vorbei.

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